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Echte Skandale Fehlanzeige!

Unter dem Titel „Team Wallraff – Freizeitparks – hier hört der Spaß auf“ begab sich gestern Enthüllungsjournalist Günter Wallraff zusammen mit RTL-Reporterin Caro Lobig hinter die Kulissen von deutschen Freizeit- und Tierparks. Im Fokus der Reportage standen dabei das Phantasialand, der Zoo Safaripark Stukenbrock, der Tierpark Bad Pyrmont, sowie der Holiday Park. Aufhänger der Reportage war ein tragischer Unfall im Holiday Park, bei dem im vergangenen Jahr auf der Attraktion Spinning Barrels ein Mädchen ums leben kam.

Nach einer Interviewsequenz zwischen Wallraff und den Eltern des verstorbenen Mädchens, machte sich das „Team Wallraff“ in Person von Caro Lobig anschließend daran, aufzudecken, was in den Park so alles schief läuft. Erste Station war dabei das Phantasialand, einer der größten und besucherstärksten Parks in Deutschland. Dass die Undercoverjournalistin an einer eher unspektakulären Attraktionen wie den Tretbooten eingesetzt wurde, kann man dem „Team Wallraff“ kaum ankreiden, was aus dem Material an Informationen heraus geholt wurde, beweist allerdings, dass auf Teufel komm raus etwas schlechtes berichtet werden muss. So wurde gesagt, dass die Mitarbeiter nur in ihrer Mittagspause und während einer Toilettenpause ihre Notdurft verrichten dürfen und ansonsten die Beine zusammenkneifen müssen. Hierzu kann ich nur sagen, auch wenn dies hart klingt, dies aber auf so ziemlich jeden Beruf zutrifft der mit Kundenkontakt zu tun hat. Muss eine Position besetzt sein, z.B. bei Einlasskontrollen oder Verkaufsständen kann man eben nicht jederzeit auf die Toilette gehen. Ein Straßenbahnfahrer kann auch nicht einfach mal aussteigen und austreten, sondern muss dies an der Endstation erledigen. Es mag für Günter Wallraff und sein Team hart klingen, aber wer sich seine Arbeitszeit nicht frei einteilen kann, muss damit leben, dass er nicht nach Lust und Laune auf Toilette gehen kann.

Auch der beim Phantasialand und später auch beim Holiday Park und Zoo Safaripark Stukenbrock angebrachte Punkt, dass es oft nicht die zugesicherten zwei freien Tage gibt, ist unhaltbar. Es mag so sein, dass dies den Tatsachen entspricht, doch wer sich einmal mit Menschen unterhält hat, die in der Pflege arbeiten wird erfahren, dass auch hier solche freien Zeiten nicht immer möglich sind. Sicher ist dies nicht schön und wenn ein Arbeitgeber zusagen macht, sollten diese auch eingehalten werden, aber gerade in Berufen, wo das Arbeitsvolumen nicht immer weit im vorraus planbar ist, muss man als Arbeitnehmer damit rechnen, dass es nicht immer möglich ist alles wie versprochen umzusetzen. Für ein Unternehmen ist es dabei auch gar nicht so einfach zur Hauptsaison einfach mal mehr Mitarbeiter einzustellen, denn diese müssen auch eingearbeitet werden, zumal viele mögliche Arbeitnehmer nicht gerne Jobs für nur wenige Wochen annehmen.

Ebenfalls war im Phantasialand und später beim Zoo Safaripark Stukenbrock das Thema Mitarbeiterunterkünfte ein Thema. Bei beiden Parks wurde kritisiert, dass die Unterkünfte nicht in Ordnung seien. Bei der Unterkunft des Phantasialands regne es rein und das Container- und Wohnwagendorf vom Zoo Safaripark Stukenbrock sei zu klein und heruntergekommen. Hier sollte man einmal überlegen, in wie weit es überhaupt Aufgabe des Parks ist sich um eine Unterkunft zu kümmern. Mein Arbeitgeber stellt mir auf jeden Fall keine Wohung zur Verfügung, sondern ich muss mir immer noch eine Wohnung selber mieten und von daher ist alleine schon die Tatsache, dass die beiden Parks Mitarbeiterwohnungen anbieten positiv zu werten. Warum soll dann bitte keine Miete dafür verlangt werden? Oder eine zustätzliche Gebühr erhoben werden, wenn zusätzlichen Personal zur Reinung der Waschräume benötigt wird?

Was natürlich nicht geht, ist es wenn die angebotenen Wohneinheiten nicht in Ordnung sind. Wenn das Dach einer vom Park gemieteten Unterkunft defekt ist, hat der Mieter, sprich der Park, sich mit dem Vermieter in Verbindung zu setzen und dafür zu sorgen, dass diese Abhilfe schafft. So wie in jedem privaten Mietverhältnis auch der Mieter seinen Vermieter kontaktiert, wenn etwas mit dem Mietobjekt nicht stimmt. Dementsprechend hat der Park natürlich bei Unterkünften die ihm gehören selbst für einen vernünftigen Zustand zu sorgen. Hier hat der Zoo Safaripark Stukenbrock von den gezeigten Bildern sicher nachholbedarf, einen Skandal würde ich die gezeigten Umstände, aber bei weitem nicht nennen.

Ebenso darf man sich wohl kaum darüber beschweren, dass der Parkchef die Undercoverreporterin vor die Tür setzt und nicht gerade freundlich reagiert, als diesr mitbekommen hat, dass sich Caro Lobig unter falschem Namen hat anstellen lassen. Insgesamt hätte er vielleicht etwas freundlicher reagieren können, aber ich bin mir sicher, dass viele andere Chefs in der Situation ähnlich reagiert hätten.

Und einen weiteren Kritikpunkt kann man ganz einfach entkräften. Bei den drei Parks mit Fahrattraktionen wurde kritisiert, dass wenig Personal an den Attraktionen arbeitet. In Deutschland macht der TÜV klare Vorgaben, wieviele Personen zum sicheren Betrieb einer Attraktion nötig sind und wenn diese verpflichtende Kontrollinstanz eine Attraktion für den Betrieb mit nur einem Operator freigibt, dass ist es einfach falsch zu behaupten, die Attraktionen würden mit zu wenig Personal betrieben.

„Team Wallraff – Freizeitparks – hier hört der Spaß auf“ hat sich aber nicht nur mit Parks mit Fahrattraktionen gekümmert, sondern sowohl beim Zoo Safaripark Stukenbrock, als auch beim Tierpark Bad Pyrmont auch auf die Tierhaltung. Machen wir uns nichts vor, eines wissen wir alle, Tiere in Gehegen zu halten ist nie artgerecht. Es ist nur möglich Tiere mit möglichst wenig Einschränkungen gegenüber eines Lebens in freier Wildbahn zu halten. Natürlich ist es traurig zu sehen, wenn sich die Giraffen laut der Fernsehbilder selbst Verletzungen zufügen, aber Tiere denen es richtig schlecht geht, bringen in Gefangenschaft keinen Nachwuchs zur Welt. Wie konnte also im Juli ein Giraffenbaby im gescholtenen Zoo Safaripark Stukenbrock zur Welt kommen?

Richtig traurig fand ich in Bezug auf die Tiere eigentlich tatsächlich nur die Schimpansengeschichte aus dem Tierpark Bad Pyrmont. Vielleicht lag die Vermittlung des vereinsamten Schimpansen tatsächlich an den genanten wenigen verfügbaren Plätzen in entsprechenden Einrichtungen. Vielleicht wollte der Park aber auch etwas verheimlichen und das Thema aussitzen. Sollte dies der Fall gewesen sein, ist dies natürlich nicht zu akzeptieren, genauso wie die Tötung des Eberferkels inakzeptabel war, doch zeigen diese Szenen nur einen Ausschnitt aus dem Tierpark und, damit es zum Enthüllungsjournalismus passt, nur einen traurigen.

Insgesamt gesehen konnte „Team Wallraff – Freizeitparks – hier hört der Spaß auf“ somit keine großen Skandale aufdecken. Vielmehr zeigt die Reportage doch, dass es im Großen und Ganzen richtig läuft. Die anfänglich thematisierte Sicherheit war so gut wie kein Thema mehr, stattdessen hat man sich auf Arbeitsbedingunen und Tierschutz gestürzt. Beides sicher auch richtige und wichtige Themen, doch vieles was gezeigt wurde, kann jeder Besucher selber sehen, der die Augen in der Traumwelt Freizeitpark ein wenig offenhält. Mit ein wenig Menschenverstand sollte es wohl klar sein, dass die Mitarbeiter in einem Freizeitpark sich sicher keine goldene Nase verdienen, sondern dass dies ein eher bescheiden bezahlter Beruf ist und jeder der mit dem eigenen Auto durch eine Safarilandschaft fährt, sollte auch wissen, dass die Tiere dort unter anderer Beobachtung der Tierpfleger stehen, als es in einem Zoo der Fall ist.

Traurig, dass „Team Wallraff – Freizeitparks – hier hört der Spaß auf“ auf Teufel komm raus versucht hat Skandale zu finden und am Ende eigentlich nur dafür sorgt, dass die gezeigten Parks nun für einige Dinge unangebracht Kritik in den sozialen Medien ertragen müssen. Es wäre wohl besser gewesen, die Sendung nicht auszustrahlen und sich selbst einzugestehen, dass man diesmal keinen echten Skandal finden konnte der es wert ist aufgedeckt zu werden!

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