Wenn man bei einer Körpergröße von 170 cm zu drei Vierteln aus wackeligem Bein besteht, ist würdevolles, stolperfreies Laufen eine wahre Kunst. Vom grazilen Hinlegen oder Aufstehen ganz zu schweigen! Und dann sind auch noch die Knie im Vergleich zu den dünnen Beinchen viel zu dick und die Fußsohlen ganz weich.
Ein Giraffenbaby hat es in den ersten Lebenstagen wirklich nicht leicht. Erst stürzt es aus zwei Meter Höhe unsanft ins Leben, dann muss es innerhalb von 20 Minuten auf den viel zu langen Beinen stehen, um schließlich auch noch den Hals ganz lang zu machen, um die verlockende Milchquelle in riesigen zwei Metern Höhe zu finden.
Das neue Giraffenbaby im Zoo hat die ersten Lebensschwierigkeiten bereits hinter sich. Am Sonntag, 3. August, plumpste Lunas winzige Tochter (winzig aus Giraffensicht, natürlich) abends ins Stroh und bemühte sich, ihre langen Beine zu koordinieren und – ganz wichtig – die beiden Hörnchen auf dem Kopf aufzurichten. Die sind nämlich anfangs ganz weich und liegen platt auf der Stirn.
Die erste Zeit im sommerlichen Dauerregen verbrachte das Baby bei seiner Mutter Luna (24) hinter den Kulissen im Stall, damit sich die beiden allein (und trocken) in aller Ruhe aneinander gewöhnen konnten. Jetzt macht das zierliche Giraffenmädchen mit seinen halb aufgerichteten Hörnchen, den großen schwarzen Augen, weicher Schnauze und den zartbraunen Flecken die ersten Ausflüge an das Ufer des Sambesi.
Zunächst stolziert es allein mit Mutter Luna daher, bis es jeden Stein und jeden Baum kennt. Dann erst kommt die Giraffen-Familie hinzu – Papa Schorse (21), die Tanten Shahni (8) und Juji (4) sowie der halbstarke Halbbruder (6 Monate). Und wenn die Langbeine sich aneinander gewöhnt haben, kommen auch noch die restlichen Bewohner dazu: Blessböcke und Springböcke! Die nächsten Tage werden für die Mini-Giraffe enorm spannend.
Sowieso hat das Giraffen-Baby hat noch einiges vor: Das jetzt etwa 90 kg schwere Giraffenbaby (Geburtsgewicht 80 kg) wird pro Monat 8 cm wachsen und seine Höhe innerhalb von zwei Jahren verdoppeln! 15 Monate lang wird es bei Mutter Luna trinken, um Dank der kräftigen Milch ordentlich in die Höhe schießen zu können.
Jubiläum! 40. Rothschild-Giraffenbaby in Hannover
In freier Wildbahn leben nur noch wenige Hundert Rothschild-Giraffen. Den bedrohten Kollegen in Uganda kommen die Giraffen aus den Zoos zu Hilfe, die im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms europaweit für Nachwuchs sorgen. Auch im Erlebnis-Zoo Hannover haben die Rothschild-Giraffen den Kampf gegen das Aussterben aufgenommen und gehen ihrer Mission mit allem Eifer nach. Jetzt feiern sie Jubiläum: In 35 Jahren – der Zoo hält diese Giraffenart seit 1973 – haben sie 40 Rothschild-Giraffenbabys zur Welt gebracht!
Riesen-Baby Nummer 40 ist das 12. Kind von Luna, das elfte Kind von Luna und Giraffenbulle Schorse (nur Baby Nr. 1 stammte von Schorses Vorgänger „Retsch“). Die Nachkommen von Schorse und seinen Damen leben heute in ganz Europa – unter anderem in Madrid, Gelsenkirchen, Amneville, Kronsberg, Warschau, Dvur Kralové (Tschechische Republik) und Wien.
Giraffen
Steckbrief:
Herkunft: Afrika
Nahrung: Blätter, Gräser, frische Triebe
Größe: Bis zu 5,80 m
Gewicht: Maximal 1900 kg
Geschwindigkeit: Können bis zu 50 km/h schnell rennen
Tragzeit: Maximal 465 Tage
Erreichbares Alter: 30 Jahre
Warum ist der Hals so lang?
Damit sie auch Baumblätter und frische Triebe erreichen kann, die für andere Tiere zu hoch hängen. Die Giraffe hat, wie fast alle Säugetiere, 7 Halswirbel. Bei ihr sind sie aber stark verlängert. Damit bringt die Giraffe es auf eine über zwei Meter lange Halswirbelsäule.
Giraffen sind Wiederkäuer. Zum Abfressen der Blätter oder Gräser brauchen Giraffen nur wenig Kraft. Darum werden ihre Kaumuskeln eher – durch das ständige Wiederkäuen – auf Ausdauer beansprucht. Auch die Gesichtsmuskeln sind schwach entwickelt. Deswegen hat ein Giraffen-Gesicht stets einen etwas starren Ausdruck!
Wie läuft eine Giraffe?
Beim Vorsetzen des linken Beines bewegt sich der rechte Arm nach vorn, beim Vorsetzen des anderen Beines der linke. So wie wir – im Kreuzgang – bewegen sich die meisten Säugetiere vorwärts. Die Giraffe marschiert im Passgang: Sie bewegt gleichzeitig die Beine auf einer Körperhälfte. So schaukelt sie beim Gehen wie ein Kamel.
Wie schläft die Giraffe?
Liegend, den Kopf bequem auf dem Rücken abgelegt, so dass er fast den Oberschenkel berührt. Giraffen sind ständig auf der Hut vor ihren Feinden, deshalb gehören sie zu den Kurzschläfern. Ihr Tiefschlaf dauert nur wenige Minuten.
Bemerkenswert:
Die Giraffe ist schon ein „Wunder“: Nicht nur ihr Hals, sondern auch ihre Zunge ist lang: Einen halben Meter! Mit ihrer blauen und extrem beweglichen Zunge holt sich das Tier Zweige heran und rupft das Laub ab. Eine besondere Vorliebe haben Giraffen übrigens für die dornigen Akazienblätter. Zudem besitzt die Giraffe ein Sportler-Herz: Es wiegt etwa 12 Kilogramm und pumpt gut 60 Liter Blut in der Minute durch den Körper.
Vom Aussterben bedroht
Rothschild-Giraffen gehören zu den stark bedrohten Tierarten. In freier Wildbahn leben nur noch wenige Hundert Tiere mit der auffallend großen Musterung. Mit der Nachzucht der seltenen Langhälse versucht der Zoo Hannover im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP), die Rothschild-Giraffen vor dem Aussterben zu bewahren.
(c)Text und Bild: Erlebniszoo Hannover
